Erinnerungen an die Zerstörung Niedergailbachs vor 75 Jahren – im März 1945
 

Vor 75 Jahren endete mit der Kapitulation am 08. Mai 1945 der Zweite Weltkrieg.


  

  

Niedergailbach und seine Bevölkerung wurden, wie die gesamte Grenzregion, durch das Kriegsgeschehen arg gebeutelt. So mussten die Dorfbewohner zweimal – ohne Hab und Gut - ihre Heimat verlassen. Nachdem am 1. September 1939 im Rahmen einer gut organisierten Zwangsevakuierung die Niedergailbacher in die Fremde mussten und ab Sommer 1940 wieder zurückkehren konnten,  verließen die meisten Dorfbewohner im Spätherbst 1944 wegen der nahenden Front mehr oder weniger freiwillig und „auf eigene Faust“ erneut die Region. Einige Dorfbewohner weigerten sich, ein zweites Mal ihre Heimat zu verlassen. So erinnert sich der damals 11-jährige Edwin Anna, dass seine Familie erst einen Tag vor Heiligabend 1944 die „Flucht“ ins Allgäu aufnahm.

 Mit der Invasion in der Normandie ab 6. Juni 1944 durch die Westalliierten wurde nämlich im Westen Europas eine zweite Kriegsfront gegen das Deutsche Reich errichtet. Nach der Befreiung von Paris am 25. August 1944, ging der Vormarsch der Alliierten weiter, bis schließlich die US-amerikanischen Streitkräfte am 22. November 1944 Metz und Straßburg erreicht hatten. In den folgenden Tagen rückte die Front immer näher Richtung Blies. Der Bliesgau wurde dann über  Wochen zur Hauptkampflinie.

Nach den Berichten von Zeitzeugen kamen die ersten amerikanischen Soldaten Mitte Dezember 1944 nach Niedergailbach. In der Tagesmeldung eines deutschen Regimentsführers vom 17. Dezember 1944 ist folgendes festgehalten: Am gestrigen Tage gegen 13.00 Uhr griff der Gegner (US-Armee) aus einem Waldstück  südöstlich von Niedergailbach mit zwei Bataillonen an und erreichte Niedergailbach.   Durch Artilleriebeschuss wurde die Pfarrkirche St. Hubertus  am 18. Dezember 1944 leicht beschädigt. Wie Zeitzeugen berichteten, feierte deshalb Pfarrer Nikolaus Schreieck für die „Daheimgebliebenen“ den Weihnachtsgottesdienst 1944 in der Kapelle am Friedhof. Um die Weihnachtstage  1944 zogen sich die „Amerikaner“ wieder aus dem Ort und der näheren Umgebung zurück.

Mit dem „Unternehmen Nordwind“ unternahmen die deutschen Streitkräfte ab der Jahreswende 1944/45 eine letzte Offensive an der Westfront. Über Wochen lieferten sich die Verbände der 17. SS Panzer-Grenadier-Division „Götz von Berlichingen“ und die US-Armee erbitterte Kämpfe. Niedergailbach und die benachbarten Grenzorte erlebten in diesen Tagen den schlimmsten Einschnitt ihrer neueren Geschichte. Für Niedergailbach waren die Tage Mitte März 1945 ein tiefgreifendes Ereignis, das viel Leid und Not über den Ort gebracht hat. Bei den Gefechten gegen die amerikanischen Streitkräfte fanden zahlreiche Soldaten auf beiden Seiten einen sinnlosen Tod, es gab auch Verletzte und Tote unter den „Daheimgebliebenen“.

Vor 75 Jahrenvom 11. bis 15. März 1945 – wurde Niedergailbach arg unter Beschuss genommen. Dabei gingen immer wieder Trommelfeuer der Artillerie mit Spreng- und Splittergranaten auf den Ort nieder. Niedergailbacch musste in dieser Zeit auch die schwersten Bombenangriffe – auch Phosphorbomben - über sich ergehen lassen. Die „Daheimgebliebenen“ verbrachten diese Tage in ihren Kellern und Unterständen. 80 % der Bausubstanz war danach beschädigt bzw. ganz zerstört. Ende März 1945 war der Krieg in Niedergailbach und den angrenzenden Bliesgaudörfern quasi zu Ende.

Bei ihrer Rückkehr aus der „Fremde“ waren viele Familien obdachlos. Die Situation der Dorfbevölkerung am Ende des Krieges hat aber auch gezeigt, dass Not zusammenschweißt und die Menschen enger verbindet. Da ein Großteil der Niedergailbacher – nach ihrer Evakuierungszeit – kein Zuhause mehr hatten, wurden die „Obdachlosen“ von Nachbarn oder Freunden in deren teilweise auch beschädigten Häusern aufgenommen. So wohnten manchmal 3-4  Familien „unter einem Dach“ zusammen und das nicht nur für 4-5 Wochen, sondern für teilweise 4-5 Jahre. Der Schulunterricht fand bis 1950 in der ehemaligen Gastwirtschaft Franz Rauch statt. Die Wirtschaftsräume der Zollsiedlung dienten bis 1954 als „Notkirche“.

Die Zeitzeugen, die die schrecklichen Ereignisse erlebt haben, werden immer weniger und damit auch die Zahl jener, die an das grauenhafte Geschehen erinnern können. Mit der kleinen Bilderreihe soll an die Zerstörung unseres Dorfes vor 75 Jahren aber auch an die 40 gefallenen und vermissten Soldaten und an die Toten und Verletzten aus der Zivilbevölkerung unseres Dorfes erinnert werden. Die Bilder sollten aber auch Mahnung und Verpflichtung sein, sich dafür einzusetzen,  dass so etwas nicht mehr geschieht. So zitiere ich abschließend den verstorbenen Alt-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker: „Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, der ist blind für die Gegenwart“.

Otmar Gros

 

Bild 1 Blick in die heutige Bischof-Weis-Straße von der „Großen Steige“ aus

Bild 2 Blick in die heutige Bergstraße

Bild 3 Das zerstörte Anwesen Karl Gries im Hirschackerweg

Bild 4 Das zerstörte Kirchenschiff der Pfarrkirche St. Hubertus

Bild 5 Rückansicht der zerstörten Pfarrkirche St. Hubertus


 
< zurück   weiter >
[ Zurück ]


Niedergailbach - Ein lebendiges Dorf stellt sich vor | Startseite arrow Presseberichte arrow Erinnerungen an die Zerstörung Niedergailbachs vor 75 Jahren – im März 1945

Navigation
Startseite
Unser Ort
Ortsrat
Kalender
Generationentreff
Vereine
Grillhütte
Gälbacher Kirb
Presseberichte
Bildergalerie
Gästebuch
Gälb. Geschichte
Kontakt
Datenschutz
Impressum